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Tinnitus verstehen: Ein Leitfaden für Betroffene und Angehörige

  • Autorenbild: Boris Seedorf
    Boris Seedorf
  • 15. Mai
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 4. Juni



Wie entstehen Ohrgeräusche – und was kann man tun? Ein umfassender Ratgeber für alle, die mit Tinnitus leben oder jemanden begleiten, der betroffen ist.


Was ist Tinnitus?

Tinnitus (lateinisch: „klingeln“) bezeichnet das Wahrnehmen von Geräuschen ohne äußere Schallquelle. Es pfeift, summt, rauscht oder brummt im Ohr – obwohl objektiv nichts zu hören ist. Diese Ohrgeräusche können dauerhaft oder vorübergehend auftreten, in ihrer Lautstärke und Tonlage stark variieren und ein oder beide Ohren betreffen.

Tinnitus ist kein eigenständiges Krankheitsbild, sondern ein Symptom mit unterschiedlichen Ursachen – körperlicher, emotionaler oder funktioneller Art.


Schulmedizinisch: Drei Formen des Tinnitus

  • Akuter Tinnitus: bis zu 3 Monate nach Auftreten

  • Subakuter Tinnitus: 3 bis 12 Monate

  • Chronischer Tinnitus: länger als 12 Monate


Oft heißt es: "Nach 6 Monaten wird der Tinnitus chronisch, dann kann man nichts mehr machen." Eine Aussage mit teils fatalen Konsequenzen, denn an dieser Stelle geben viele Menschen auf, die an Tinnitus und/oder Hörsturz leiden. Meine Erfahrung ist eine ganz andere: auch bei andauernden Symptomen ist eine deutliche Besserung möglich. Nicht als Garantie, aber als echte Möglichkeit. Dafür ist unter anderem eine gute Zusammenarbeit zwischen Therapeut und Patient sehr hilfreich.

Natürlich gilt grundsätzlich: Je früher mit einer gezielten Behandlung begonnen wird, desto besser sind die Aussichten auf Besserung oder vollständige Rückbildung. Aber das nach 6 Monaten keine Besserung mehr möglich sein soll, entspricht keinesfalls meiner Erfahrung aus über 6 Jahren fast täglicher Arbeit mit Betroffenen.


Ursachen ganzheitlich betrachtet

In unserer Praxis betrachten wir Tinnitus sowohl als Zeichen einer Überforderung der Hörzellen und gleichzeitig als Ausdruck eines körperlich-emotionalen Ungleichgewichts. Klassische Ursachen sind Hörstörungen oder spezifische(!) Stressbelastung, aber häufig sind auch funktionelle Aspekte beteiligt.

Häufige Auslöser

  • Lärm-Langzeitbelastung oder Lärmtrauma

  • Emotionale Schock-/Schreckerlebnisse

  • Verspannungen und Blockaden im Nackenbereich

  • Durchblutungsstörungen im Innenohr


Tinnitus und Nervensystem

Unser (Innen-)Ohr ist sehr eng mit unserem Nervensystem verbunden und reagiert deshalb auch auf emotionale Reize. Viele Menschen, die bereits einen Tinnitus haben, kennen es: Kommt noch ein beliebiger, zusätzlicher Stress ("Trigger") dazu, z.b. Angst, Anspannung oder Ärger, wird es lauter im Ohr, was wiederum Angst und Anspannung verstärken kann. Deshalb ist es wichtig, nicht nur am Ohr, sondern auch am und mit dem Nervensystem zu arbeiten. In unserer Praxis nutzen wir dafür unter anderem das bewährte EMDR, worüber es noch einen Blogartikel geben wird.


Was Betroffene wissen sollten

Tinnitus führt häufig zu Verunsicherung, Erschöpfung und Rückzug. Viele Patientinnen und Patienten fragen sich:

  • Woher kommt das Geräusch?

  • Wird es jemals wieder verschwinden?

  • Warum findet niemand eine Ursache?

Tinnitus ist kein lebensbedrohliches Symptom – aber ein deutliches Warnsignal. Es zeigt: Das System ist aus dem Gleichgewicht geraten. Und genau hier setzen ganzheitliche Therapieansätze an.


Was Angehörige wissen sollten

Für Außenstehende ist Tinnitus schwer nachvollziehbar. Die Geräusche sind unsichtbar – und dennoch können sie den Alltag massiv beeinträchtigen. Schlafstörungen, Gereiztheit, Konzentrationsprobleme oder Rückzug sind häufige Folgen.

Wichtig für Angehörige ist: nicht bagatellisieren, nicht beurteilen, sondern begleiten.

Unterstützendes Verhalten:

  • Zuhören ohne Bewertungen

  • Verständnis zeigen, auch wenn man selbst nichts hört

  • Hilfe anbieten, ohne zu drängen

Sätze wie „Das bildest du dir nur ein“, „Damit musst du leben“ oder "Ich habe auch manchmal ein Piepen im Ohr" sind gut gemeint, aber selten hilfreich. Besser ist: ernst nehmen, mitdenken, gemeinsam Lösungen suchen.


Ganzheitliche Behandlungswege

Viele herkömmliche Therapien zielen darauf ab, die Geräusche zu überdecken oder medikamentös zu unterdrücken. Unsere Erfahrung zeigt jedoch: Nachhaltige Verbesserungen entstehen dann, wenn man den ganzen Menschen in den Blick nimmt.


Unsere bewährten Therapieansätze:

1. Low-Level-Lasertherapie: Fördert die Regeneration geschädigter Zellen im Innenohr, verbessert die Durchblutung und wirkt entzündungshemmend. Besonders geeignet bei Tinnitus nach Hörsturz oder Lärmschaden.

2. Mundus-Hörtraining mit dem Naturschallwandler: Trainiert die Hörverarbeitung im Gehirn, fördert die Rückkehr zu natürlichem Hören und kann zur Neuvernetzung neuronaler Hörmuster beitragen.

3. EMDR und körperorientierte Verfahren: Lösen emotionale Belastungen, die hinter dem Tinnitus stehen, und beruhigen das überreizte Nervensystem. Häufig ist dies ein entscheidender Hebel für die Gesamtregulation.

Endlich wieder mit Freude hören!
Endlich wieder mit Freude hören!

Der erste Schritt zur Besserung: Verstehen statt resignieren

Tinnitus ist behandelbar – nicht mit einer schnellen Lösung, sondern mit einem durchdachten, ganzheitlichen Ansatz. Viele unserer Patientinnen und Patienten berichten nach einigen Wochen von einer deutlichen Verbesserung: Die Ohrgeräusche treten seltener auf, werden leiser oder verschwinden ganz. Und vor allem: Sie werden wieder handlungsfähig.

Wichtig ist, den Tinnitus nicht zu bekämpfen, sondern zu verstehen. Er ist ein Signal, kein Feind – und er lässt sich beeinflussen, wenn man ihm auf Augenhöhe begegnet.


Ihre nächsten Schritte

Leiden Sie unter Ohrgeräuschen, die Sie stark belasten? Haben Sie bereits schulmedizinische Maßnahmen ausprobiert – ohne zufriedenstellendes Ergebnis? Dann vereinbaren Sie gern ein persönliches Erstgespräch in unserer Praxis in Ahrensburg. Online oder persönlich. Gemeinsam finden wir den Weg, der zu Ihnen passt.


Ihr Boris Seedorf

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