Weihnachten: Wenn die Ohren klingeln - 5 bewährte Wege, mit Tinnitus gut durch die Feiertage zu kommen
- Katharina Seedorf

- 6. Dez.
- 3 Min. Lesezeit
Weihnachten – für manche eine stille Zeit, für andere eine Reizüberflutung: viele Menschen, viele Erwartungen, viele Geräusche. Wer von Tinnitus betroffen ist, spürt gerade in dieser Zeit oft, dass sich das Ohrgeräusch verändert. Es wird lauter, anstrengender und präsenter. Warum?
Nicht der äußere Lärm ist das Problem – sondern die innere Reaktion darauf. Tinnitus ist eng mit dem Nervensystem verbunden. Wo Stress ist, wird der Ton meist intensiver wahrgenommen. Wo Entspannung gelingt, wird er oft leiser oder rückt in den Hintergrund.
Die Feiertage sind häufig ein Anlass, bei dem Familienmitgleider zusammenkommen, manchmal sogar "gezwungenermaßen". Dabei kann es sein, das unausgesprochene Themen oder alte Verletzungen im Raume stehen und ungeklärt "vor sich hin köcheln".
Dies kann zu inneren Anspannungen und einem hochgefahrenen Nervensystem führen. Dass der Tinnitus dadurch lauter werden kann, ist eine nicht seltene Folge.

Natürlich wäre es das Ideal, die alten und frischen Familienthemen anzusprechen, zu klären und zu verarbeiten. Allerdings eignen sich die Weihnachtsfeiertage nicht immer gut dafür. Deshalb braucht es in dem Fall praktische Soforthilfen: Hier sind fünf bewährte Strategien, mit denen Sie aktiv Einfluss nehmen können – auf Ihre innere Verfassung, Ihre Reaktion auf äußere Reize und damit auch auf den Umgang mit Ihrem Tinnitus.
1. Pausenräume schaffen – wenn Tinnitus an Weihnachten zu viel wird
Manche Reize lassen sich nicht vermeiden: Gespräche am Tisch, Weihnachtsmusik im Hintergrund, das Stimmengewirr in vollen Räumen. Für die Ohren kann Weihnachten anstrengend sein. Insbesondere, wenn der Tinnitus bereits da ist. Was Sie aber sehr wohl beeinflussen können, ist der Umgang damit.
Nutzen Sie Mikropausen. Ziehen Sie sich für ein paar Minuten zurück – nicht als Flucht, sondern als bewusste Zäsur. Atmen. Ankommen. Einmal tief durchatmen mit dem Blick nach draußen kann schon ausreichen, um das Nervensystem neu auszurichten.
Gerade bei längeren Familienbesuchen ist es klug, diese Auszeiten im Voraus einzuplanen – als stille Inseln im Feiertagstrubel.
2. Nervensystem beruhigen – durch bilaterale Reize
Wenn Anspannung steigt, steigt auch die Hörwahrnehmung. Das bedeutet: Je gestresster das Nervensystem, desto präsenter der Tinnitus. Hier hilft eine bewährte Methode aus der Traumatherapie: bilaterale Stimulation.
Eine einfache Übung ist der sogenannte Butterfly-Hug: Legen Sie die Hände über Kreuz auf die Schultern und klopfen Sie abwechselnd links und rechts – langsam, rhythmisch, wie ein beruhigender Puls. Schließen Sie die Augen, atmen Sie ruhig und bewusst.
Diese Form der Selbstberuhigung hilft, den Körper aus dem Alarmmodus zu holen – ein Zustand, der bei Tinnitus oft unbewusst aktiviert ist.
3. Aufmerksamkeit gezielt lenken
Was wir wahrnehmen, hängt davon ab, worauf wir achten. Das gilt besonders bei Tinnitus. Wer innerlich immer wieder auf das Ohrgeräusch fokussiert, verstärkt die Wahrnehmung – nicht willentlich, sondern neurologisch.
Trainieren Sie deshalb bewusst den Wechsel der Aufmerksamkeit. Richten Sie den Fokus auf etwas anderes: auf Geräusche im Raum, auf den Geschmack von Tee, auf das Gefühl warmer Kleidung auf der Haut. Das ist kein Ablenken im oberflächlichen Sinn, sondern eine gezielte neuronale Umschaltung.
Im Alltag bedeutet das: Bauen Sie Momente ein, in denen Sie aktiv mit etwas Positivem in Resonanz gehen – ein Duft, ein Klang, ein Bild. Das trainiert das Gehirn, Tinnitus nicht mehr als „Hauptsignal“ zu behandeln.
4. Struktur geben – dem Tag, den Gedanken, dem Körper
Gerade in Zeiten, in denen äußere Strukturen wegfallen (Urlaub, Feiertage), kann der Tinnitus lauter werden. Denn unser Gehirn liebt Orientierung – nicht nur im Raum, sondern auch im Alltag.
Geben Sie Ihrem Tag eine einfache, klare Struktur. Feste Zeiten für Aufstehen, Mahlzeiten, Bewegung, Ruhephasen. Auch kleine Rituale – ein Morgenkaffee in Stille, ein Spaziergang zur gleichen Zeit – wirken regulierend.
Je klarer die äußere Ordnung, desto besser kommt auch das Nervensystem zur Ruhe. Für Tinnitus-Betroffene ist das ein unterschätzter, aber oft sehr wirksamer Hebel.
5. Bewegung in Stille – wie bewusste Körperwahrnehmung hilft
Nicht jede Bewegung ist hilfreich. Aber die richtige Bewegung, in bewusstem Tempo, kann Wunder wirken. Ob langsames Dehnen, ein paar Minuten achtsames Gehen, einfache Yoga- oder Qi Gong-Übungen – wer den Körper in Stille bewegt, hilft dem Gehirn, wieder in die Balance zu kommen.
Viele Menschen mit Tinnitus erleben: Sobald sie in den Körper kommen – und nicht im Kopf kreisen – ändert sich auch die Intensität des Geräuschs. Das Ohr ist Teil des Körpers, nicht des Gedankenkreisens.
Tinnitus ist kein unkontrollierbares Phänomen. Es ist ein Signal, das stark mit dem inneren Zustand verknüpft ist. Wer lernt, sich selbst zu beruhigen, zu strukturieren und gut mit Reizen umzugehen, hat mehr Einfluss, als oft gedacht wird.
Das oben angesprochene Klären der tieferliegenden Ursachen, zum Beispiel im Familiensystem, kann zu späteren Zeitpunkt angegangen werden, eventuell mit Begletung, wenn notwendig.
Wenn Sie sich mit Ihrem Tinnitus nicht mehr ausgeliefert fühlen wollen, sondern Schritt für Schritt mehr innere Stabilität aufbauen möchten, begleiten wir Sie gerne dabei.
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen und Ihrer Familie friedliche und erholsame Weihnachtsfeiertage!

Herzlich
Katharina und Boris Seedorf




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